NAPULÉ

Margherita-Superlativ

Raffaele Tromiro gehört zu den besten Pizzaioli der Welt. Im Jahr 2006 wurde er zum ersten Mal Weltmeister. 2014 schlug ihn Matteo Renzi zum «Cavaliere della Repubblica», im gleichen Jahr gewann er den «Premio Raffaele Esposito». Seine Auszeichnungen sind sein Stolz. Er reiht alle seine Pokale und Diplome in seiner Pizzeria auf. In Meilen.

Unser erster Reflex: Da stimmt etwas nicht. Ein dreifacher Pizza-Weltmeister, an der Goldküste? Klingt nach einem Restaurant für jene Gourmet-Touristen, die nicht auf ein gutes Essen mit Freunden aus sind, sondern nur ein Häkchen mehr auf ihrer kulinarischen Bucket List setzen wollen.

Pizza ist wahrscheinlich griechisch, aber die moderne Form geht auf die Entdeckung der südamerikanischen Tomate und den Neapolitaner Raffaele Esposito zurück: Er kombinierte 1889 die importierte Frucht mit Mozzarella und Basilikum und einer Scheibe Teig – zu Ehren des Besuches von Königin Margherita. Heute ist die Pizza Margherita der EU-zertifizierte Goldstandard, an dem Pizzaioli gemessen werden: 35 Zentimeter Durchmesser, 90 Sekunden im Ofen, davor mindestens 24 Stunden Zeit für den Teig. Bei Tromiro sind es meist 48 Stunden.

Für eine Weltmeisterstätte ist das Napulé unimposant: klein, eng bestuhlt und zugehängt mit gerahmten Schwarzweiss-Bildern von prominenten Italienern. Tromiro steht hinter dem Ofen, auf seiner Nase sitzt eine Big Lebowski-Brille. Links von uns essen drei Italiener um die dreissig – die gut-frisierte, konservativ gekleidete Sorte, die sich Private Banking Jobs bei Grossbanken angeln. Rechts von uns verdrücken drei Teenager auf italienischem Lautstärkepegel eine Nutella-Pizza. Wir bestellen die Margherita, die «Bella Italia» und den Hauswein.

Unsere Pizze sind schneller auf dem braun-weiss karierten Tischset, als sie uns im Rosso «Hallo» sagen. Der Teig ist luftig, aussen knusprig und innen weich, der Mozzarella zart-milchig, die Tomaten, als wären wir in Süditalien. Üblicherweise sitzen wir nach einer halben Stunde vor abgekühlten Pizzarändern und wägen ab, ob es schwieriger ist, sie liegenzulassen und mit der Kinder-in-Afrika-Moral klarzukommen oder den Restteig in den überstrapazierten Magen zu stopfen.

Nicht hier. Unsere Begleitung, die sonst gerade mal die Hälfte einer Pizza wegknabbert, futtert die ganze Napulé-Scheibe innert zehn Minuten weg. Das ist zwar mehr als neun Minuten über dem Weltrekord – beeindruckt waren wir trotzdem.

NAPULÉ, Kirchgasse 59, 8706 Meilen
Mi bis Fr 11 – 14 und 18 – 24, Sa und So 18 – 24

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