BEM ME QUER BEAUTY

Bros Being Basic

Die Schönheitsindustrie hat es auf die Männer abgesehen, und das nicht seit gestern. Vor zehn Jahren wäre Di Caprios Bauchfett kaum diskussionswürdig gewesen. Heute stehen wir neben Minderjährigen im Gym und packen Gesichtscreme so selbstverständlich in den Einkaufskorb wie Lippenpomade oder Bartöl. Erst kam der Körper, dann das Gesicht. Als nächstes sind die Hände dran.

In den vergangenen Monaten eröffneten gleich zwei Schönheitssalons in der Enge und im Seefeld – exklusiv für Männer. Gegründet wurden beide Läden von Frauen. Sie scheinen ihren Kunden wenig zuzutrauen. In den Schaufenstern locken Bier, Motorräder und Whiskey, die Wände sind mit Werkzeugen dekoriert. Jedes männliche Stereotyp wird in den Topf geworfen, damit keiner merkt, dass sie ganz unten am Boden noch ein paar Löffel Nailpolish unter die Suppe gemischt haben. Die Botschaft: Hier kommen nur harte Kerle vorbei. Es ist zwecklos. Natürlich sind Beauty Salons unmännlich. Die Männer in unserem Umfeld, die zur Maniküre gehen, sind in der klaren Minderheit, und fast alle schwul. Alle anderen, denen wir von unseren Plänen erzählen, reagieren, als würde man uns mit den Fingernägeln auch gleich den Penis abschneiden.

Wir haben nicht vor, mit Lipgloss durch die Gegend zu laufen, und die gezupften Augenbrauen überlassen wir den Mediamarkt-Verkäufern im Sihlcity. Uns locken pragmatische Gründe. Zum Beispiel die Tatsache, dass gepflegte Hände das Zweite sind, worauf Frauen bei einem Date achten – und das Erste, was wir mit wenig Aufwand beeinflussen können. Bei der Wahl des Salons hören wir auf einen Freund. Er ist dreifach qualifiziert: Männlich, wöchentlich bei der Maniküre, Brasilianer. Brasilien ist besessen von Beauty: Das Land ist Weltmeister in Fettabsaugung, Zweitplatzierter in Schönheits-OPs, und Drittplatzierter im Konsum von Beautyprodukten. Brazilian Waxing, Velaterapia, der Butt Lift – alles brasilianisch. Unser Freund bringt uns zu Bem Me Quer, einem Studio mit blickdichten Kabinen beim Lindenhof, winzig und komplett in weiss gehalten. Chefin Lucinea sagt, sie kümmere sich persönlich um unsere Nägel. Wir fragen, ob die Situation dramatisch ist. Sie ist zu höflich oder zu schüchtern, um zu antworten.

In den folgenden zwanzig Minuten werden Häutchen zurückgestutzt, Nägel gefeilt und mit unserem Begleiter getratscht. Lucinea arbeitet mit den eingespielten Bewegungen eines Profis. Am Schluss lassen wir uns beinahe noch die Nägel lackieren. Das lassen wir dann doch sein. Unsere aufgebesserte Händen gefallen uns auch so. Den Frauen auch. Von ihnen kriegen wir nur positive Rückmeldungen. Die Männer schweigen. Sie haben nichts bemerkt.

BEM ME QUER BEAUTY, Schlüsselgasse 16, 8001 Zürich
Mo bis Sa 9 – 20 Uhr. Maniküre für 40 Franken.

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