Y7K

Kollektiv produktiv

Eigentlich müssten wir uns in einem Co-Working Space anmelden. Wir arbeiten seit Jahren ohne fixen Arbeitsplatz, und die Situation wird mit jedem neuen Freelancer prekärer: die Bibliotheken sind überfüllt, in den Cafés ist es zu laut, und zu Hause erledigen wir alles, nur nicht unsere Arbeit. Aber wir können uns nicht dazu überwinden. Es sind nicht die geteilten Räume. Es sind die Leute, die dort arbeiten.

In der Theorie trifft die Idee vom geteilten Arbeitsplatz den Zeitgeist: Co-Working Spaces präsentieren sich als Tummelbecken von ambitionierten Multitalenten, die sich treffen, um gemeinsam alleine zu arbeiten und in Kaffeepausen auf Serendipity-Sofas intellektuelle Synergien zu schaffen. Wir haben es ein paar Mal im Auer & Co. und im Büro Züri versucht, produktiv waren wir dort nie. Nach den Gesprächen mit selbsternannten Entrepreneurs waren wir so sehr damit beschäftigt, die Spuren der Selbstbeweihräucherung von der mentalen Festplatte zu löschen, dass wir danach erschöpft nach Hause mussten.

Wir nehmen unseren letzten Anlauf bei Ruben Feurer, Joris Noordermeer und Yves Sinka. Wir haben die drei immer mal wieder gekreuzt, und auf uns wirkten sie stets so intelligent und produktiv, wie wir es gerne wären. Vor drei Jahren gründeten sie die Digitalagentur Y7K, damals waren sie knapp zwanzig. Sie experimentieren mit Memes, sie haben den Webplayer von GDS.fm entwickelt, einen preisgekrönten Klimaroboter und eine digitale Liebeserklärung an Zürich. Seit Neuestem stellen sie jedem Arbeitswilligen einen Arbeitsplatz in ihrem Büro zur Verfügung. Gratis.

Ruben hat früher einige Co-Working Spaces besucht, erzählt er, richtig wohlgefühlt habe er sich nie, «dort wird viel geredet und wenig gearbeitet», gute Ideen entständen so nicht. Es ist Montagnachmittag, als uns der Art Director durch das Büro an der Zurlindenstrasse führt. Es sieht aus wie ein Pinterest-Post: Grosse Fenster, viele Pflanzen, Nintendo-Controller, farbige Türen, Polaroids mit Partyfotos. Ruben sagt, sie hätten momentan einen Arbeitsplatz frei, sich selber kennen sie mittlerweile mehr als genug, und neue Leute zu treffen sei interessanter, als die Wand anzustarren.

Die nächsten Stunden arbeiten wir zu fünft im Büro, ab und zu zieht sich jemand für ein Telefonat in den Sitzungsraum mit der Wandtafel zurück. Sich auf Englisch wichtig zu brüllen scheint hier keiner nötig zu haben, stattdessen arbeiten alle ruhig und fokussiert. Wir können gar nicht anders, als dasselbe zu tun. Als wir uns in der Kaffeepause über anstehende Projekte austauschen, stellen wir fest, dass Ruben seine Schreibkünste verbessern will und Yves viele Inputs zum Newsletter hat. Am Ende des Tages haben wir die Fachlektüre gelesen, einen Artikel geschrieben, ein Tandem-Coaching vereinbart und hundert neue Ideen. Zuhause schreiben wir eine Mail und fragen, wann wir wiederkommen dürfen.

Y7K, Zurlindenstrasse 134, 8004 Zürich
Mo bis Fr 9 - 18 Uhr

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