SAMI KHOURI

Surprise Enterprise

Pop-Up-Lokale haben schon lange ihren Glanz verloren. Der einzige, der das mit den temporären Restaurants noch glaubhaft durchziehen kann, ist Sami Khouri. Seit einigen Jahren organisiert der 29-jährige Zürcher geheime Restaurants in ehemaligen Kinos oder Spielzeugläden. Weil er die Adresse jeweils nur per SMS kommuniziert, ist seine Gästeliste zum Gradmesser der Zürcher Kreativszene geworden. Die Rechnung ist simpel: Bist du nicht drauf, bist du raus.

Es ist ein sonniger Nachmittag, als wir Khouri auf einem Parkplatz am Seeufer treffen. Abgesehen von einem weissen Lieferwagen mit dem Palestine-Grill-Logo deutet nichts darauf hin, dass die unscheinbare Baustelle in den nächsten Tagen zum Hotspot der lokalen Meinungsmacher wird – und allen, die es gerne wären. Das Prinzip seiner «Travelling Restaurants» ist stets dasselbe: 5 Gänge für 95 Franken, Speisekarte vorab unbekannt. In Khouris Lokalen spielen nicht die Köche die Hauptrolle, sondern alle anderen. Meistens sind es Feuerschlucker, übergrosse Teddybären, paillettenbehängte Variété-Tänzerinnen, kleingewachsene Bartender – und wer sonst noch etwas auf sich hält, von der Friday-Chefredaktorin bis zu Bastian Baker.

Der breitschultrige Typ mit der Baseballmütze ist immer da, wo die Szene ist. Doch wer glaubt, Sami Khouri sei ein Hipsterkid, das mit der Gastronomie liebäugelt, irrt. Er ist ein Unternehmer, der die Szene fest im Griff hat. Der ausgebildete Siebdrucker, der auch mal als Kamera-Assistent arbeitete, sagt: «Als Teenager stand ich jede Woche am Bürkliplatz und verkaufte Möbel, die ich auf der Strasse gefunden hatte». Nebenbei begann er, Abendessen in Garagen und Boxkämpfe in Kellern zu organisieren. Spätestens mit dem Palestine Grill, einem orientalischen Imbiss an der Langstrasse, hat er die Piazza Cella zum Knotenpunkt des Ausgehviertels und sich selbst zum stadtbekannten Begriff gemacht. Heute kennen alle Khouris Namen. Kaum einer kennt sein Gesicht.

Sami Khouri mag eine Schwäche für das Spektakel haben – das Rampenlicht meidet er konsequent. Die mediale Bescheidenheit ist eine Tugend. Und der Grund dafür, dass er den Spagat zwischen Kult und Kommerz noch immer hinkriegt. Denn mittlerweile wollen alle seine Konzepte kaufen – von Hotelbars bis zu Skigebieten. Seine Anhänger beobachten das mit gemischten Gefühlen. Und halten ihm dennoch die Treue. Denn sie wissen: Man muss es erst mal besser machen. Und das hat bis jetzt noch keiner geschafft. Vergangenes Jahr haben alle über das Essen im «Franzki» gelästert und die Preise beklagt. Sie werden alle wieder kommen.

MR. SAMIGO & FAMILY: TRAVELLING RESTAURANT, 15.11. - 31.12.
Di-Sa: 5 Gänge, 95 Fr. So: Brunch (à la carte)

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