RESTAURANT ROSI

Kohl und Spätzle

Zu diesem Zeitpunkt über die Menükarte des Rosi zu schreiben, ist überflüssig. Es sind Non-News, jeder Zürcher mit anspruchsvollem Gaumen und passablen Informationsquellen hat seit der Eröffnung Mitte Januar da gegessen oder zumindest davon gehört. Die News sind: Plötzlich ist die deutsche Küche in aller Munde.

Französische oder japanische Restaurants haben immer besetzte Tische, und selbst die entlegenste Zürcher Gemeinde hat einen Italiener im Dorf. Aber wo sind die germanischen Etablissements? Eben. Nirgends. Sie mögen ein fleissiges und strammes Volk sein, aber am Herd wollen wir sie nicht; von den 50 besten Restaurants der Welt sind gerade mal zwei in Deutschland. Selbst die deutschen Fürsten liessen sich lieber von französischen Chefs bekochen. Die deutsche Küche scheint fade und währschaft, dominiert von Kohl, Schnitzel und Spätzle, serviert in preussischen Überportionen – mehr teutonisches Kalorienbaggern als kulinarisches Dichten und Denken. Stets begleitet von der leisen Befürchtung, sie könnten automatischen Informationsaustausch zum Dessert auftischen.

Der Run auf’s Rosi hat nichts mit der Nationalität der Menükarte zu tun. Es gibt Restaurants, bei denen es genügt, den Namen des Kochs ans Türschild zu hängen. Andreas Caminada. Nenad Mlinarevic. Sven Wassmer. Das Köchepaar hinter Rosi ist die hyperlokale Kreis 4-Version davon. Wer es je ins Soi Thai schaffte, in die Wild Bar oder ans Fuego y Hielo-Tacofenster, kennt die herzliche und stets gutgelaunte Elif Oskan, und hat bei ihr vielleicht sogar einen Dessertkurs besucht. Wer in die Küchen schielte, sah den Schnauzer von «Fat Duck»-Alumnus Markus Stoeckle. Ihre Menüs haben kein einziges Mal enttäuscht, und sie erarbeiteten sich damit stadtweites kulinarisches Vertrauen. Das Rosi ist vorerst die Endstation für das Koch-Duo: Hier sind sie zusammen mit Patrick Isler sesshaft geworden.

Wir sitzen seit der Eröffnung schon zum zweiten Mal auf den Alvar Aalto-Kirchenbänken des Rosi. Diesmal sind wir zu acht gekommen. Wir essen alles, was auf unserem Tisch landet: Schmalz, Kartoffelkaas, Saibling, Kässpätzle, Bohnen, Igelpilz mit Eigelbmarmelade, Zwiebelrostbraten. Einen Randensalat, um den sich alle streiten. Ein Backhendl mit einem vertikal reingerammten Messer, das uns das Gefühl gibt, wir hätten das Huhn gleich selber erlegt. Wir essen, bis die Bäuche die Hemden spannen. Zwei müssen den Hosenknopf öffnen. Elifs Gersten-Tee-Glacé bestellen sie trotzdem.

Das ist die Kunst von Stoeckle und Oskan: Sie bringen uns dazu, Gerichte zu essen, die wir sonst meiden – und am Schluss kriegen wir nicht genug davon. Deutsche Küche mag eintönig und schwerfällig sein, aber nicht im Rosi. Hier sind die Gerichte so vielfältig und leichtfüssig wie kaum sonstwo.

RESTAURANT ROSI, Sihlfeldstrasse 89, 8004 Zürich
Mo bis Fr 11.30 – 14 und 18 – 24, Sa bis So 18 – 24
Mittagsmenü für 26 Franken

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